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12
Mrz
2010

Leichtathleten dopen umso mehr, je dichter die Spitze beieinander liegt

Anhand einer statistischen Analyse von 188 Dopingfällen in der Leichtathletik aus den Jahren 1999 - 2004 stellen die Autoren fest: je dichter die Leistungen der Topathleten beieinander liegen, desto eher neigen Sportler dazu, Dopingmittel zu benutzen. Der Dopinganreiz resultiert sowohl aus der Hoffnung, ungedopte Konkurrenten mit einer höheren Wahrscheinlichkeit besiegen zu können, als auch aus der Furcht, gegenüber (potentiell) gedopten Konkurrenten in einen Wettbewerbsnachteil zu geraten. Die Studie ist in der aktuellen Ausgabe von "Schmollers Jahrbuch - Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften" erschienen.

Am endlosen Dopingfall der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein kann sehr gut dokumentiert werden, wie die typischen Reaktionen der Sportler, der Sportverbände und der Politik auf Dopingvorfälle aussehen. Regelmäßig wird von den Verbänden das individuelle Fehlverhalten einzelner Athleten ebenso betont, wie es von den Betroffenen bestritten wird. Alle zusammen, insbesondere die Sportpresse, stellen Doping so dar, als sei es ein vereinzeltes Problem von moralisch zweifelhaft agierenden Athleten. Dass dem so ist, glaubt kein Sportfan mehr – Beweise sind aber naturgemäß in einem Feld, das von Heimlichkeit geprägt ist, nur schwer zu finden. Statistische Analysen können jedoch weiterhelfen.

Eine Analyse von 188 Dopingfällen in der Leichtathletik aus den Jahren 1999 – 2004, die die Wirtschaftswissenschaftler Alexander Dilger (Westfälische Wilhelms-Universität Münster) und Frank Tolsdorf (Universität Witten/Herdecke) durchgeführt und aktuell in „Schmollers Jahrbuch – Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ veröffentlicht haben, kommt zu klaren Ergebnissen. Es geht um die Fragestellung, welche Rahmenbedingungen dazu führen, dass Leistungssportler auf Dopingpräparate zurückgreifen. In ihrer theoretischen, insbesondere aber auch in ihrer empirisch-statistischen Analyse weisen die Autoren nach, dass es vor allem die „Wettbewerbsintensität“ im Wettkampf ist, die das Dopingverhalten der Athleten beeinflusst.

Zu Deutsch: Je dichter die Leistungen der Topathleten beieinander liegen, desto eher neigen Sportler dazu, Dopingmittel zu benutzen. Der Dopinganreiz resultiert sowohl aus der Hoffnung, ungedopte Konkurrenten mit einer höheren Wahrscheinlichkeit besiegen zu können, als auch aus der Furcht, gegenüber (potentiell) gedopten Konkurrenten in einen Wettbewerbsnachteil zu geraten.

Durch die Analyse der 188 Dopingfälle wird ebenfalls offensichtlich, dass es sich bei den des Dopings Überführten keinesfalls um vornehmlich unbedeutende Sportler handelt. Vielmehr befinden sich unter den Athleten viele Weltrekordhalter, Olympiasieger, Weltmeister, Kontinentalmeister, Kontinentalrekordler sowie Nationalmeister. Diese Ergebnisse stützen die nahe liegende Vermutung, dass es sich beim Doping um ein flächendeckendes Phänomen handelt, welches sich durch alle Bereiche des professionellen Sports zieht.
Die Autoren gehen davon aus, dass es auch zukünftig keinen „sauberen Sport“ im traditionellen Sinne geben wird. Frank Tolsdorf erklärt dazu: „Sofern es keine flächendeckenden Dopingtests einschließlich Trainingskontrollen gibt, wird das System des Profisportes dazu führen, dass weiter umfangreich und systematisch mit Dopingmitteln zum Zweck der Leistungssteigerung gearbeitet wird. Eine hohe >Aufdeckungswahrscheinlichkeit< ist das A und O. Genau daran aber mangelt es systematisch“.

Doping und Wettbewerbsintensität
erschienen in der vom RatSWD betreuten wissenschaftlichen Fachzeitschrift SCHMOLLERS JAHRBUCH – Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Bd. 130, Heft 1, 2010).

 

Kontakt
Frank Tolsdorf, Universität Witten/Herdecke
Tel. 02302 926606, E-Mail: frank.tolsdorf@uni-wh.de

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