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28
Jan
2020

Datenstrategie der Bundesregierung – Wissenschaft bringt sich ein

Bei einer Anhörung des Bundeskanzleramts am 23.01.2020 hat der RatSWD vier zentrale Handlungsfelder für die Datenstrategie der Bundesregierung hervorgehoben, in denen die Bedarfe der Wissenschaft berücksichtigt werden sollten: 1) Datenzugänge zu öffentlichen und kommerziellen Daten schaffen, 2) technische Möglichkeiten zur Datenauswertung realisieren, 3) Datenqualität sichern und 4) Misstrauen gegenüber der Forschung entgegentreten, um das Teilen von Daten zu befördern und Datenverknüpfungen zu ermöglichen. Mögliche Lösungsansätze führt der RatSWD im heute veröffentlichten Positionspapier aus. Der RatSWD bietet an, die weitere Ausgestaltung der Datenstrategie aktiv zu begleiten.

Die Vorsitzende des Rates für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD), Prof. Regina T. Riphahn, Ph.D., warb in der Anhörung im Bundeskanzleramt am 23.01.2020 zur Datenstrategie der Bundesregierung für eine aktive Verankerung von Forschung und Wissenschaft in der Datenstrategie und stellte dazu vier Handlungsfelder vor:

Erstens besteht nach wie vor für die Wissenschaft kein oder ein nur sehr eingeschränkter Zugang zu wichtigen Registern und Statistiken, bspw. Melde- und Bildungsregister, Steuerdaten, Immobiliendaten und die Kriminalstatistik. Über das etablierte Modell der Forschungsdatenzentren könnten diese sensiblen Daten für innovative Forschung datenschutzkonform erschlossen werden. Auch für den Zugang der Wissenschaft zu „kommerziellen“ Daten sind Lösungsmodelle gefragt. Für Big Data schlägt der RatSWD beispielsweise Treuhandstellen vor, die die Interessen von Forschung, Unternehmen und Betroffenen berücksichtigen.

Ein zweites Handlungsfeld sind die technischen Möglichkeiten zur Auswertung von bereits zugänglichen Daten, um zeitliche und organisatorische Ressourcen von Forschenden und Datenanbietenden effektiver zu nutzen. Für Remote Access-Zugänge, die die Arbeit mit den Daten z.B. am regulären Arbeitsplatz der Forschenden ermöglichen, sind dabei Gesetzesänderungen und Pilotprojekte notwendig, wie der RatSWD in einer aktuellen Publikation herausgearbeitet hat.

Durch die Digitalisierung entstehen zwar große Datenmengen („Big Data“), ihre Qualität ist aber nicht immer gesichert. Die unreflektierte Nutzung solcher Daten ist eine Gefahr für das Vertrauen in wissenschaftliche Forschung und für den gesellschaftlichen Diskurs. Der RatSWD schlägt daher in einem dritten Handlungsfeld die Einführung von Datenqualitätssiegeln und eine Open Data-Initiative gemäß den pragmatischen Grundsätzen der international anerkannten FAIR-Kriterien vor.

Nicht zuletzt sollte die Kultur des Misstrauens seitens Politik und Behörden gegenüber der Forschung in einem vierten Handlungsfeld adressiert werden. Viele wissenschaftlich und gesellschaftlich relevante Projekte werden durch restriktive Vorschriften erschwert bzw. sogar verhindert, da vorhandene Daten nicht verknüpft, geteilt und genutzt werden können. Prof. Riphahn betonte in der Anhörung des Bundeskanzleramts: „Wissenschaft sucht Erkenntnis und ist nicht an der Re-identifizierung von Individuen interessiert“. Die bestehende datenschutzrechtliche Privilegierung der Forschung sollte daher auch auf weitere Regelungsbereiche angewendet werden.

Die weitere Ausgestaltung der Datenstrategie wird der RatSWD aktiv mit seiner Expertise zur Identifikation relevanter Daten, zu Datenzugängen, Anonymisierung und zur Entwicklung einer darauf aufbauenden Infrastruktur begleiten. Ein ausführliches Positionspapier des RatSWD zur Datenstrategie der Bundesregierung steht hier zur Verfügung.

Neben dem RatSWD stellten 15 weitere Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik ihre Perspektiven vor. Ein Videomitschnitt der gesamten Veranstaltung mit Kanzleramtsminister Helge Braun und Digitalstaatssekretärin Dorothee Bär steht auf der Webseite der Bundesregierung zur Verfügung.